Mehr Radverkehr braucht mehr Platz


Zu schmal, zu voll, zu gefährlich – in vielen Straßen, auf vielen Bürgersteigen und erst recht an vielen Kreuzungen Prenzlbergs entsprechen vorhandene „Verkehrsanlagen“ nicht dem tatsächlichen „Verkehrsaufkommen“. Insbesondere der Radverkehr nimmt stetig zu. Mit Demonstrationen und Maßnahmekatalogen fordern sie die Verwaltungen von Stadt und Bezirk heraus – und hoffen auf Rückenwind durch das kommende Mobilitätsgesetz.

Da liegt er, der rote Teppich: auf der Danziger Straße, zwischen Bötzowstraße und Prenzlauer Allee. Aber nicht für Filmstars, sondern für Radfahrerinnen und Radfahrer. Mit dem symbolträchtigen Flor, an einer Seite von Warnhütchen gesäumt, wollen die demonstrierenden Pedaleure verdeutlichen, wie hier eine 2,50 Meter breite und sichere Fahrspur für den Radverkehr aussehen würde – wenn sie denn endlich da wäre.

Die rund 300 Menschen, die sich Medienberichten zufolge an jenem Mittwoch Abend im Juli an dieser Kundgebung beteiligen, fordern nichts Neues, sondern vielmehr, dass etwas längst Beschlossenes umgesetzt werden soll: „Was die Verwaltung in 13 Jahren nicht geschafft hat, holen wir in wenigen Minuten nach“, erklärt das „Netzwerk Fahrradfreundliches Pankow” in seinem Demonstrationsaufruf die Teppich-Aktion.

Tatsächlich ist die Markierung der Radstreifen seit Jahren behördlich abgesegnet, auch die 400.000 Euro Haushaltsmittel sind freigegeben – in diesem Fall von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK). Sie ist in Berlin für die Hauptverkehrsstraßen zuständig, zu denen in Prenzlauer Berg unter anderem die Danziger zählt. Die praktische Umsetzung obliegt dem Bezirk. Doch der stoße regelmäßig an Zuständigkeitsgrenzen, wie Vollrad Kuhn, Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Bürgerdienste und verantwortlich für das Straßen- und Grünflächenamt, im Gespräch mit mein/4 erläutert:
„Wir haben an der Kreuzung Danziger-Greifswalder Straße immer wieder Probleme mit den Ampelschaltungen. Und wenn die mit ins Spiel kommen, ist die Verkehrslenkung Berlin verantwortlich, eine nachgeordnete Einrichtung der SenUVK, sie muss uns zuarbeiten als auch genehmigen.“ Der genannte Verkehrsknoten sei kompliziert, weil dort Straßenbahnen kreuzen und die Verkehrsströme bezüglich Tageszeiten und Wochentagen sehr unterschiedlich seien, so Kuhn: „Seitens der Verkehrslenkung kamen immer wieder Änderungswünsche, die wiederum an den Ampelbetreiber herangetragen werden müssen, der dann seinerseits ein Planungsbüro mit der Umplanung beauftragt.“

Die Danziger ist als Gefahrenbrennpunkt bekannt, hier ereignen sich seit Jahren folgenschwere Kollisionen von Kraftfahrzeugen mit Radfahrern. Allein in 2016 gab es an der Kreuzung Danziger/Ecke Prenzlauer Allee 13 Unfälle mit Autos und Fahrradfahrern. Zuletzt wurde Danziger/Ecke Greifswalder Ende Juni eine 31-jährige Frau von einem rechts abbiegenden Laster erfasst und überrollt, sie starb an den Folgen ihrer schweren Verletzungen.
Stadtrat Kuhn lässt im Gespräch erkennen, wie betroffen ihn die Unfälle machen, wie sehr ihn die Umsetzungsmisere ärgert. Daher habe er kürzlich mit einem Brief die vordringliche Bearbeitung der Radverkehrsanlagen in der Danziger durch die Verkehrslenkung gefordert. Adressat war der zuständige Staatssekretär, Jens-Holger Kirchner – und dem braucht man zu Prenzlberger Problemkreuzungen nichts erklären: er war Kuhns Vorgänger im Pankower Bezirksamt.