Gesellschaft

Ein Aufruf von Marco Fechner ​für mehr Eltern-Engagement – Gedanken zum ​Schuljahresbeginn ​

„Gründe, auf das Bildungssystem zu schimpfen, gibt es genug. Gründe, darin mitzumischen, gibt ​es noch viel mehr.“ ​

„Elternvertretung“ klingt schon so nach Wurzelbehandlung ​– warum also tue ich mir das freiwillig an? ​Weil ich nicht einverstanden bin. ​

Ich bin nicht einverstanden damit, wie unsere Schulen ​aussehen, und ich bin nicht einverstanden damit, dass ​sie oft mit Methoden und einer Ausstattung von vorvorgestern ​arbeiten. Ich bin nicht damit einverstanden, ​dass die Schulen in der Corona-Krise von der Politik ​ziemlich allein gelassen wurden, und ich bin nicht ​damit einverstanden, dass der Erfolg einer Schule zu ​sehr wesentlichen Teilen davon abhängig ist, ob sie ​gutes Führungspersonal und funktionierende Eltern- und ​Schülervertretungen hat – oder eben auch nicht. ​Und ich bin sehr oft nicht damit einverstanden, wie ​mit Schüler*innen, Eltern und Lehrkräften seitens der ​politisch Verantwortlichen gern mal umgegangen wird. ​Und weil ich will, dass sich das ändert.

​In den vergangenen Jahren habe ich als Elternvertreter ​alle Ebenen durchgespielt, die das Berliner Bildungssystem ​kennt: Schule, Bezirkselternausschuss, Landeselternausschuss. ​Meine wesentlichen Feststellungen:

1. Elternvertretung ist ein Teamsport – sowohl innerhalb ​der Elternschaft als auch übergreifend in der ​Zusammenarbeit mit Schulleitungen, Lehrkräften ​und Schüler*innen. ​
2. Wer sich klein macht, zieht in diesem sehr komplexen ​Gebilde aus Behörden, Interessenvertretungen ​und kleinen wie großen Häuptlingen schnell den ​Kürzeren. ​
3. Dennoch gibt es auch Möglichkeiten, selbst im ​Kleinen und bereits mit überschaubarem Aufwand, ​etwas mitzugestalten, beispielsweise in der Gesamtelternvertretung ​der Schule oder in der Zusammenarbeit ​mit den Klassenleitungen – und genau das ​ist der Punkt: ​

Wenn man möchte, dass das eigene Kind in eine Schule ​kommt, die sich weiterentwickelt, dann kann man genau ​dazu etwas vor Ort beitragen.

Ich bin trotz aller ​bereits gemachten Erfahrungen nach wie vor regelmäßig ​erstaunt, wie viele Rechte und Möglichkeiten ​Elternvertretungen an den Schulen haben (deutlich ​mehr übrigens, als in den Kitas) und welche Gestaltungsspielräume ​sich mit Teamplay und Beharrlichkeit ​mitunter öffnen lassen.

Ich werde auf jeden Fall weitermachen ​in diesem Schuljahr, auch, wenn ich mich ​aus der Landesebene vorerst zurückziehen werde, um ​nach dem „Corona-Jahr“ noch mehr Zeit für die Schule ​meiner Tochter zu haben. ​Zu tun gibt es insbesondere nach dem vergangenen halben ​Jahr mehr als genug und so wie es aussieht, wird das ​neue Schuljahr nicht weniger spannend.

Jede helfende ​Hand und jeder mitdenkende Kopf werden gebraucht ​und auch, wenn das die eine oder andere Schulleitung ​potenziell anders sehen könnte: Die Schulen brauchen ​uns Eltern. Nicht nur als Partner*innen bei der Bildung ​und Erziehung der Kinder, sondern auch bei der Weiterentwicklung ​der Schulen. Viele Schulleitungen wissen ​das auch, andere lernen das noch.

Gründe, auf das ​Bildungssystem zu schimpfen, gibt es genug. Gründe, ​darin mitzumischen, gibt es noch viel mehr. ■ ​