Eine Doppelliebe: Theater und Film
Wenn man Axel Pape begegnet, spürt man schnell: Hier steht einer, der seinen Beruf nicht als Job, sondern als Berufung lebt. Seit den 1980er-Jahren ist er fester Bestandteil der deutschen Schauspielszene – auf der Bühne und vor der Kamera. In Berlin hat er seit über 30 Jahren seine künstlerische Heimat gefunden.
Text: Silke Schuster
Mit Gastspielen und einer ungebrochenen Spielfreude setzt Axel Pape ein Zeichen – für ein Theater, das Menschen bewegt, und für einen Beruf, der nie Routine wird. „Ihr müsst den Präsenzknopf schon anschalten,“ wurde ihm und Kollegen einst von einem Regisseur und Lehrer geraten. „Ein Satz, der bis heute richtig ist,“ stellt Axel Pape mit einem Lächeln fest.
Zu seinem Weg zum Schauspiel sagt er: „Ich glaube, wenn man Holz liebt, wird man Tischler. Und wenn man das liebt, was ich mache, wird man eben Schauspieler oder Kulturschaffender.“ Aber ausgesprochen hat er diesen Wunsch lange nicht. „Ich hatte wahrscheinlich Angst, wenn ich das sage, lachen mich alle aus.“
Nach dem Abitur begann Axel Pape zunächst ein Studium der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften in Köln, doch es war die Studiobühne der Universität, die ihn wirklich packte. „Als ich die Räume betrat und auf die Leute traf, habe ich sofort gemerkt, das ist eigentlich der Ort, wo ich sein will.“
Der Entschluss für einen professionellen Berufsweg war die logische Konsequenz und die ersten schauspielerischen Stationen, die folgten, waren in Dortmund, Mannheim, Berlin und am Schauspiel Düsseldorf.
Spielräume zwischen Kulisse und Kamera
Diese intensive Theaterzeit in den 1980er- bis 90er-Jahren legte das Fundament für eine Karriere, die von Neugier, Vielseitigkeit und Ernsthaftigkeit geprägt ist. Zwar begann Axel Pape am Theater, doch bald öffnete sich die Tür zur Fernsehkarriere. Anfang der 90er bekam er eine Rolle in der Polizeiserie Die Wache, durch ein Casting, bei dem sogar SEK-Berater seine authentische Spielweise lobten, und das obwohl – oder gerade weil – er durch eine Grippe angeschlagen war und das Casting ziemlich zackig durchzog. Es folgten viele Rollen, meist als Chef oder Bösewicht. „Wenn ich von Anfang an Schwiegermutters Liebling gespielt hätte, hätte wahrscheinlich niemand geglaubt, dass ich auch Gangster spielen kann. So herum war’s besser“, schmunzelt er.

Sein Herz schlägt fürs Theater genauso wie für den Film. Trotzdem unterscheidet er zwischen beiden – nicht in ihrer Wertigkeit, aber in ihrer Wirkung und Verantwortung. „Da kursieren viele Klischees. Zum Beispiel, dass Theater das Ursprünglichere, das Bessere sei. Für mich stimmt das so pauschal nicht – ich mag beides. Aber es sind sehr unterschiedliche Räume bzw. Medien.“ Der Schauspieler beschreibt das Filmen als fragmentarischer, technischer, aber nicht weniger herausfordernd. „Man muss erstmal ein Gefühl für den unsichtbaren Raum der Kamera kriegen. Am Anfang gab es eine gewisse Orientierungslosigkeit – du weißt nicht, wo die Bühne ist. Aber auch da gilt letztendlich: Man muss den Ton treffen, es muss glaubhaft sein.“ Was beim Film fehlt, ist das direkte Feedback des Publikums. „Du spielst ins Nichts, oft ohne Reaktion. Das kann einen verunsichern.“ Umso schöner ist es dann, wenn sich eine positive Zusammenarbeit mit dem Team entwickelt.“ Doch dass man beim Film Verantwortung abgeben kann, sei ein Irrtum: „Jeder einzelne Take ist eine Premiere, und du weißt nie, welcher genommen wird. Du kannst zehn perfekte Takes abliefern, aber der elfte wird genommen, weil im Hintergrund der Bus zum richtigen Zeitpunkt durchs Bild fährt.“
Auch künstlerisch sieht Axel Pape Unterschiede. Im Theater gibt es für ihn die Möglichkeit, Geschichten zusammen mit einem Ensemble zu entwickeln, sich über Wochen in Figuren einzugraben, zu proben, zu scheitern und zu wachsen. „Ein gutes Stück entsteht gemeinsam. Im besten Fall bringt jeder, auch jedes Gewerk, seinen Teil mit – wie bei einem Puzzle.“ Im Fernsehen hingegen werde viel schneller gearbeitet – und in immer kürzerer Zeit. „Wenn du früher als Episodenhauptrolle im Krimi noch zehn Drehtage hattest, sind es heute manchmal nur zwei. Du wirst in Dialogen erwähnt, statt physisch vorzukommen und zu spielen.“ Dieser Wandel im TV-Geschäft beschäftigt ihn: „Die Qualität nimmt so natürlich ab, weil alles schneller und billiger werden muss. Aber gute Geschichten brauchen Raum und Qualität einfach eine gewisse Zeit.“
Dass er seine Rollen mit Verantwortung betrachtet, ist für ihn selbstverständlich. Ablehnungen gibt es selten, aber wenn, dann aus Überzeugung. „Ich muss eine Rolle verstehen. Ich muss dazu etwas anbieten können. Und manchmal kann man auch einen Killer verstehen – wenn man die Figur ernst nimmt.“

Trotz vieler Fernsehrollen – unter anderem im Tatort, in Serien wie Im Namen des Gesetzes – und in Kinoproduktionen wie Die Ermittlung ist er dem Theater treu geblieben. Nach Stationen u. a. am Schauspiel Köln und am Bayerischen Hof in München hat er in den letzten Jahren mit wachsender Leidenschaft Eigenproduktionen auf die Bühne gebracht. „Ich bin eines Morgens aufgewacht und mir fiel Empfänger unbekannt ein. Ich dachte: Jetzt ist die Zeit, dieses Stück zu machen.“ Die politische Lage, das Erstarken rechtsextremer Parteien – dem wollte Axel Pape etwas entgegensetzen. Das Zwei-Personen-Stück über die Entstehung totalitärer Systeme anhand eines Briefwechsels während der NS-Zeit entwickelt eine erschreckende Aktualität. „Es geht um das sukzessive Überschreiten roter Linien, sprich eine schleichende Radikalisierung. Und wenn du das erzählst, ohne moralischen Zeigefinger, dann erkennen die Leute Parallelen. Dann entsteht ein Gespräch.“
Genau das ist ihm wichtig: Nach jeder Aufführung gibt es Publikumsgespräche. „Die Leute bleiben da, weil sie reden wollen. Es ist, als ob sie ihr Herz auf den Tisch legen.“ Besonders bewegend war ein Erlebnis in Bonn: Eine Zuschauerin hörte zwei Jugendliche nach einer Vorstellung sagen: „Das ist ja wie heute mit der AfD“ – und entschloss sich, das Stück an Bonner Schulen zu bringen. Mittlerweile kam es auch in anderen Städten zu Vorstellungen vor Schülerinnen und Schülern.“ Die Konzentration, die da von den Jugendlichen nach ein paar Minuten von unten aus dem Saal hochkommt, die bläst einen auf der Bühne fast um, großartig.“
Auch andere Stücke fügen sich in diese Linie ein: Dostojewskij – Verbrechen und Strafe, letztes Jahr mit einem fulminanten Gastspiel im Berliner Renaissance-Theater, oder Brecht – Die Ausnahme und die Regel – beide ernst, aktuell und pointiert. Bertolt Brechts Text beschreibt Axel Pape begeistert: „Ein Teil liest sich wie ein Western, ein Teil wie ein Text für ein Komikerduo, ein anderer wie ein Politthriller. Und vor allem wirkt es wie gestern geschrieben.“ Bei den Stücken führt er selbst Regie, Dostojewskij – Verbrechen und Strafe hat er zusammen mit seinem Kollegen Niklas Kohrt inszeniert, mit dem er schon am Schauspiel Köln zusammenspielte.
Bei aller Liebe zur Bühne ist Axel Pape kein verklärter Theaterromantiker. Er weiß, wie hart das Geschäft ist. „Kultur ist letztlich eine prekäre Branche. Der Markt ist zu klein für zu viele Leute. Umso größer ist mein Respekt vor dem Bemühen um gute Leistungen.“ Und umso wichtiger ist ihm ein faires Miteinander, ein transparenter Umgang mit Ressourcen, ein klarer Blick auf die Realität.
Zuhause in Berlin
Die Bühne hatte am Ende auch einigen Einfluss auf seine künstlerische Heimat. Ende der 1980er-Jahre führte ihn ein Engagement nach Berlin. Als es um die Fortsetzung ging, zog seine damalige Freundin mit ihm nach Berlin. Seitdem ist Berlin sein Lebensmittelpunkt – und Charlottenburg inzwischen sein Zuhause. Auch das eher durch Zufall: „Ich wusste erst gar nicht, wo ich gelandet bin, aber es war schön. Gewachsen. Lebendig. Nachbarschaftlich. Es erinnerte mich an meine Zeit in der Kölner Südstadt.“ Obwohl die Kunstszene sich zunehmend in Richtung Mitte verlagerte, blieb Axel Pape. „Ich dachte immer: Vielleicht pulsiert da das Leben. Aber wenn ich nach Hause kam, merkte ich: Hier ist es schön. Es fühlt sich richtig an.“
Die Wendezeit erlebte er hautnah – die Erinnerung an den Abend des Mauerfalls ist lebendig: „Ich sah die Pressekonferenz im kleinen Schwarzweißfernseher. Meine Freundin lag grippekrank im Bett und glaubte mir nicht. Am nächsten Tag sind wir mit dem kompletten Theaterteam einer Shakespeare-Inszenierung zur Grenze gefahren – und landeten in einer Kneipe, in der Ost- und Westberliner um 12 Uhr mittags Bier tranken, halb mit Tränen in den Augen. Ein magischer Moment.“
Infobox
Axel Pape
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Die Fotos entstanden im Berliner Theater im Palais. Dort wird Axel Pape mit den Stücken Schöne Bescherung (Weihnachts-Soloprogramm) und Brecht – Die Ausnahme und die Regel zu sehen sein:
Schöne Bescherung
17. Dezember 2025, 19:30 Uhr
Brecht – Die Ausnahme und die Regel
28.Februar 2026, 19:30 Uhr
1. März 2026, 16 Uhr

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