Ein Requiem für einen Singvogel
Text von Konstantin Paul
Vor zwei Jahren strandete das Paar Oleg und Diana Yanushkevych in Berlin. Während sie auf Dienstreise waren, überfiel Russland mit seiner Armee die Ukraine an allen Grenzen und besetzte ihre Heimatstadt Cherson. Kaum in der Stadt hängen geblieben, trafen sie auf Musikgröße Arno Zillmer und starteten eine lange Zusammenarbeit, die bis heute anhält. Child of Euphoria tauften sie ihre erste gemeinsame Single, die noch 2022 erschien. Nun legen sie einen weiteren Song nach und stimmen dabei melancholischere und düsterere Töne an als noch vor zwei Jahren.
Hunting The Wren heißt die neue Single des Trios. Der Titel geht auf eine alte Tradition auf der britischen Isle of Man zurück: Dort jagte man im 18. und 19. Jahrhundert stets zum zweiten Weihnachtsfeiertag einen Zaunkönig (engl. „wren“), erlegte ihn und setzte ihn in einer kirchlichen Zeremonie bei. Der Brauch sollte, laut der Kirche, der Insel und ihren Bewohnern Frieden bringen. Die irische Folkband Lankum widmete dem kleinen Singvogel 2019 den Song Hunting The Wren und setzte ihm ein Denkmal. Hier ist er ein Meister der Lüfte, der im Windschatten des Adlers fliegt und ihn schließlich überholt. Doch er ist für die Band ein unschuldiges Opfer, das grausam für alle Verfehlungen der Menschen leiden muss. Selbst Soldaten, die für ein wenig Essen und ein Dach über dem Kopf bereit sind, alles zu tun, jagen ihm hinterher und erlegen ihn. Wie soll so der Frieden eingeläutet werden?
Musik, die zu Tränen rührt
Für die drei Musikschaffenden gibt es kaum ein drängenderes Thema als Frieden. Mit diesem Gedanken im Kopf machten sich die Yanushkevychs und Zillmer ans Werk. Ein Manifest gegen den Krieg, den das ukrainische Paar aus erster Hand kennt, sollte das Ziel der neuen musikalischen Reise sein – und das ist den beiden eindrücklich gelungen. Nach den ersten Zeilen der traditionellen Melodie setzen Oleg und Diana Yanushkevych mit Violine und Klavier ein, und aus der Volksweise wird eine emotionale musikalische Anklage. Gepaart mit der warmen und ruhigen Stimme Arno Zillmers schafft es das Trio, die Botschaft des Songs weit unter die Haut zu tragen. „Für uns ist der Zaunkönig das Symbol für den fragilen, sehr verwundbaren Frieden, der derzeit wieder überall auf der Welt in der Brutalität von Kriegen riskiert wird“, beschreibt Arno Zillmer die gemeinsame Arbeit. Die Zivilisten in den Kriegsländern sind die Zaunkönige von heute, und ihnen widmen die drei Musiker ihren Song.
Ein Video mit tiefer Bedeutung
Auch ein Musikvideo wurde eigens dafür geschaffen. Die Wahl der Location ist dabei keineswegs ein Zufall oder bloße Dekoration. Gedreht wurde der Clip in der alten Heilstätte am Grabowsee mit einem Team ukrainischer Künstler, die selbst vor dem Krieg geflohen sind. In dem verfallenen Areal schreiten die Musiker über Trümmer, auf denen Spielzeuge liegen und spielen an Klavieren ohne Tastatur. Die Regisseurin des Videos, Tetiana Hartman, sucht Ruinenbilder, die so auch in ihrem Heimatland entstanden sein könnten. Verlassen stöbert das Trio durch die Ruinen, an den Hinterlassenschaften alter Zeiten vorbei, auf der Suche nach Menschlichkeit. Sie wirken dabei berührt und ungläubig, dass das die Realität ist, in der sie leben. „Der Clip soll die Aufmerksamkeit der Gesellschaft, insbesondere in Europa, generieren, da die Menschen es leid sind, vom Krieg in der Ukraine zu hören. Die Nachrichten wechseln und die Menschen verfolgen nicht mehr, was passiert“, erklärt die Regisseurin die Intention hinter dem Musikvideo.
Seit 25. August kann man das Musikvideo auf YouTube sehen, und es erhält bereits viel positiven Zuspruch. Zudem wird der Song auf allen gängigen Plattformen für den Stream angeboten, sodass alle – egal ob von einem Krieg betroffen oder nicht – in der Musik den Frieden wiederfinden können.
Infobox
Hunting The Wren
von Diana & Oleg Yanushkevych feat. Arno Zillmer ist ab sofort auf allen gängigen Streamingplattformen zu finden. Das Musikvideo zum Song von Tetjana Hartman und ihrem Team kann man bereits auf YouTube sehen, einfach hier klicken…
…und sich von den Emotionen überwältigen lassen!
Alle weiteren Infos zum Song und wo man ihn hören kann, findet man auf arno-zillmer.de.
Foto © Tetjana Hartmann
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