„Gründe, auf das Bildungssystem zu schimpfen, gibt es genug. Gründe, darin mitzumischen, gibt es noch viel mehr.“
„Elternvertretung“ klingt schon so nach Wurzelbehandlung – warum also tue ich mir das freiwillig an? Weil ich nicht einverstanden bin.
Ich bin nicht einverstanden damit, wie unsere Schulen aussehen, und ich bin nicht einverstanden damit, dass sie oft mit Methoden und einer Ausstattung von vorvorgestern arbeiten. Ich bin nicht damit einverstanden, dass die Schulen in der Corona-Krise von der Politik ziemlich allein gelassen wurden, und ich bin nicht damit einverstanden, dass der Erfolg einer Schule zu sehr wesentlichen Teilen davon abhängig ist, ob sie gutes Führungspersonal und funktionierende Eltern- und Schülervertretungen hat – oder eben auch nicht. Und ich bin sehr oft nicht damit einverstanden, wie mit Schüler*innen, Eltern und Lehrkräften seitens der politisch Verantwortlichen gern mal umgegangen wird. Und weil ich will, dass sich das ändert.
In den vergangenen Jahren habe ich als Elternvertreter alle Ebenen durchgespielt, die das Berliner Bildungssystem kennt: Schule, Bezirkselternausschuss, Landeselternausschuss. Meine wesentlichen Feststellungen:
1. Elternvertretung ist ein Teamsport – sowohl innerhalb der Elternschaft als auch übergreifend in der Zusammenarbeit mit Schulleitungen, Lehrkräften und Schüler*innen.
2. Wer sich klein macht, zieht in diesem sehr komplexen Gebilde aus Behörden, Interessenvertretungen und kleinen wie großen Häuptlingen schnell den Kürzeren.
3. Dennoch gibt es auch Möglichkeiten, selbst im Kleinen und bereits mit überschaubarem Aufwand, etwas mitzugestalten, beispielsweise in der Gesamtelternvertretung der Schule oder in der Zusammenarbeit mit den Klassenleitungen – und genau das ist der Punkt:
Wenn man möchte, dass das eigene Kind in eine Schule kommt, die sich weiterentwickelt, dann kann man genau dazu etwas vor Ort beitragen.
Ich bin trotz aller bereits gemachten Erfahrungen nach wie vor regelmäßig erstaunt, wie viele Rechte und Möglichkeiten Elternvertretungen an den Schulen haben (deutlich mehr übrigens, als in den Kitas) und welche Gestaltungsspielräume sich mit Teamplay und Beharrlichkeit mitunter öffnen lassen.
Ich werde auf jeden Fall weitermachen in diesem Schuljahr, auch, wenn ich mich aus der Landesebene vorerst zurückziehen werde, um nach dem „Corona-Jahr“ noch mehr Zeit für die Schule meiner Tochter zu haben. Zu tun gibt es insbesondere nach dem vergangenen halben Jahr mehr als genug und so wie es aussieht, wird das neue Schuljahr nicht weniger spannend.
Jede helfende Hand und jeder mitdenkende Kopf werden gebraucht und auch, wenn das die eine oder andere Schulleitung potenziell anders sehen könnte: Die Schulen brauchen uns Eltern. Nicht nur als Partner*innen bei der Bildung und Erziehung der Kinder, sondern auch bei der Weiterentwicklung der Schulen. Viele Schulleitungen wissen das auch, andere lernen das noch.
Gründe, auf das Bildungssystem zu schimpfen, gibt es genug. Gründe, darin mitzumischen, gibt es noch viel mehr. ■