Berlin wird eine Stadt des gesellschaftlichen Zusammenhalts bleiben

In einer Zeit, in der Deutschland von politischen Unsicherheiten und gesellschaftlichen Spannungen geprägt ist, suchen viele Menschen nach Orientierung und Zuversicht. Nach der Entlassung von Finanzminister Christian Lindner ist die Bundesregierung faktisch nicht mehr handlungsfähig, was die Verunsicherung in der Bevölkerung weiter verstärkt. Vor diesem Hintergrund haben wir den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, um ein Gespräch gebeten.

Als Vertreter einer Stadt, die wie keine andere für Vielfalt, Wandel und Dialog steht, setzt sich Kai Wegner dafür ein, den Zusammenhalt in Berlin zu fördern. In diesem Interview möchten wir erfahren, wie er die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen bewertet und welche Maßnahmen er ergreift, um den Berlinerinnen und Berlinern Mut zu geben und Perspektiven zu eröffnen.

mein/4: Herr Wegner, nach dem Rücktritt von Christian Lindner und der daraus resultierenden politischen Krise: Wie schätzen Sie die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung ein, und welche Auswirkungen hat dies für Berlin?

Kai Wegner: Die Bundesregierung von Olaf Scholz kann kaum mehr Entscheidungen treffen – das spüren die Menschen in unserem Land. Es bleibt vieles liegen, was dringend angepackt werden müsste. Gerade für Berlin ist das ein großes Problem, weil wir als Hauptstadt oft direkt von der Bundespolitik betroffen sind. Der wirtschaftliche Druck wächst, die sozialen Herausforderungen nehmen zu, und auch beim Umgang mit der Migration benötigen wir dringend verlässliche Lösungen. Berlin leistet immer seinen Beitrag, aber wir brauchen schnell eine neue Bundesregierung, die Verantwortung übernimmt und handelt. Einen weiteren Stillstand – teilweise sogar Rückschritt – wie in den vergangenen drei Jahren können wir uns einfach nicht mehr leisten.

mein/4: Viele Bürgerinnen und Bürger spüren eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft. Welche konkreten Schritte unternehmen Sie, um den sozialen Zusammenhalt in Berlin zu stärken?

Kai Wegner: Ich finde, dass wir keine Spaltung herbeireden sollten. In unserer Stadt gibt es viele Beispiele dafür, wie stark der gesellschaftliche Zusammenhalt tatsächlich ist. Schauen Sie sich die unzähligen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer an, die Initiativen und Projekte, die in Berlin jeden Tag einen Beitrag leisten. Das ist gelebter Zusammenhalt. Dieses Engagement fördern wir gezielt, und das werden wir auch weiterhin tun, selbst in Zeiten, in denen schmerzhafte Einsparungen notwendig sind. Genauso wichtig ist es mir, dass wir nicht am Sozialen sparen. Sozialer Zusammenhalt entsteht durch Chancengerechtigkeit, durch eine funktionierende soziale Infrastruktur und durch das Gefühl, dass niemand zurückgelassen wird. Ich bin froh, dass Berlin schon heute eine solche Stadt ist – und sie wird auch eine Stadt des gesellschaftlichen Zusammenhalts bleiben.

mein/4: Die wirtschaftliche Unsicherheit belastet zahlreiche Berliner Haushalte. Welche Maßnahmen plant der Senat, um die wirtschaftliche Stabilität zu fördern und Arbeitsplätze zu sichern?

Wir wollen klare Zuständigkeiten
statt Behörden-Pingpong.

Kai Wegner: Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage verzeichnet Berlin weiterhin ein Wachstum. Das zeigt, wie attraktiv unsere Stadt ist. Als Landesregierung setzen wir alles daran, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Unternehmen nicht behindern, sondern beim Wachstum unterstützen. Für mich spielt dabei der Bürokratieabbau eine entscheidende Rolle. Das ist auch ein wesentlicher Bestandteil unserer Verwaltungsreform: Wir wollen klare Zuständigkeiten statt Behörden-Pingpong sowie schnellere und effizientere Prozesse. Zudem werben wir gezielt um internationale Kooperationen und Ansiedlungen, um Berlin als innovativen und zukunftsfähigen Standort weiter zu stärken. Mit hochqualifizierten Arbeitskräften, Spitzenforschung, einer starken Industrie und einer dynamischen Start-up-Kultur bleibt Berlin ein Magnet für Investitionen und Wachstum – und das ist entscheidend für die Sicherung von Arbeitsplätzen und wirtschaftlicher Stabilität.

mein/4: Die angespannte Wohnraumsituation in Berlin bleibt ein zentrales Thema. Welche Strategien verfolgen Sie, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und Gentrifizierung entgegenzuwirken?

Kai Wegner: Ich bin davon überzeugt, dass wir bezahlbare Mieten nur sichern können, indem wir mehr und schneller bauen. Wenn das Wohnungsangebot steigt, werden am Ende auch die Angebotsmieten sinken. Dafür setzen wir auf das Schneller-Bauen-Gesetz; die Landesbauordnung haben wir bereits angepasst. Damit bauen wir nicht nur schneller, sondern senken auch die Baukosten – vor allem, indem wir Bürokratie abbauen und Genehmigungen beschleunigen.

Als weiteren Schritt müssen wir die Verstöße zum Beispiel gegen die
Mietpreisbremse besser aufspüren und sanktionieren.
Wohnen soll in Berlin bezahlbar bleiben.

Jetzt schaffen wir gemeinsam mit der Investitionsbank Berlin gezielte Förderprogramme, um den Wohnungsneubau noch weiter anzukurbeln. Gleichzeitig schützen wir die Berlinerinnen und Berliner auch direkt: Wir haben bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften durchgesetzt, dass kein Haushalt mehr als 27 Prozent seines Nettoeinkommens für die Miete zahlen soll. Als weiteren Schritt müssen wir die Verstöße zum Beispiel gegen die Mietpreisbremse besser aufspüren und sanktionieren. Wohnen soll in Berlin bezahlbar bleiben – egal ob für Familien, Singles oder Seniorinnen und Senioren.

mein/4: Die Digitalisierung verändert das Leben in der Stadt zunehmend. Welche Initiativen setzen Sie um, um Berlin als moderne und zukunftsfähige Metropole zu positionieren?

Kai Wegner: Die Modernisierung und Digitalisierung der Berliner Verwaltung ist eines der wichtigsten Projekte dieser Regierung. Wir sind dafür angetreten, dass die Berliner Verwaltung einfacher, schneller und moderner wird. Schon jetzt profitieren die Berlinerinnen und Berliner von einer Vielzahl digitaler Angebote, die Zeit und Wege sparen. Aktuell gibt es mehr als 350 vollständig digitale Dienstleistungen, und dieses Angebot wächst stetig. Das heißt konkret: weniger Wartezeiten, transparentere Abläufe und ein leichterer Zugang zu wichtigen Dienstleistungen. Künftig sollen die meisten Behördengänge bequem von zu Hause aus erledigt werden können. Damit man davon dauerhaft profitiert, ist nur eine einmalige Zeitinvestition erforderlich: Personalausweis mit PIN, Nutzerkonto und App einrichten – dann kann man viele Bürgerdienste langfristig digital nutzen. Ich kann allen nur empfehlen, den digital Weg auszuprobieren. Es wird sich lohnen!

mein/4: Sicherheit ist ein wichtiges Anliegen vieler Berlinerinnen und Berliner. Wie begegnen Sie den Herausforderungen durch steigende Kriminalität oder Extremismus?

Kai Wegner: Unsere Polizei und Feuerwehr leisten jeden Tag Großartiges. Besonders in den vergangenen Monaten haben die Sicherheitsbehörden immer wieder bewiesen, dass sie selbst in schwierigsten Situationen für die Menschen in unserer Stadt da sind. Auch wenn ich an das vergangene und das kommende Silvester und die damit verbundenen Herausforderungen denke, wird deutlich, wie wichtig die Arbeit von Feuerwehr und Polizei ist. Ich bin froh, dass der gesamte Berliner Senat geschlossen hinter unseren Einsatzkräften steht und ihnen die volle Rückendeckung gibt. Das bedeutet nicht nur Anerkennung, sondern auch konkrete Maßnahmen: Wir investieren in moderne Ausrüstung, verstärken die Personalstärke und sorgen für die bestmögliche Ausbildung, damit Polizei und Feuerwehr auf die Herausforderungen vorbereitet sind. Wir haben auch dafür gesorgt, dass Schichtdienste besser bezahlt werden – auch das zeigt unsere Wertschätzung für unsere Einsatzkräfte. Gleichzeitig setzen wir auf zahlreiche Präventionsmaßnahmen, damit es gar nicht erst zu Gewalt kommt. Sicherheit ist keine Verhandlungssache, sondern ein Kernauftrag, den wir mit vollem Einsatz nachkommen.

mein/4: Bildung und Chancengleichheit sind essenziell für die Zukunft unserer Gesellschaft. Welche Pläne haben Sie, um das Bildungssystem in Berlin zu verbessern und gleiche Chancen für alle Kinder zu gewährleisten?

… wir lassen kein Kind zurück.

Kai Wegner: In Berlin soll jedes Kind die Möglichkeit haben, seine Talente zu entwickeln und seine Träume zu verwirklichen. Bildung ist für uns deshalb eine der obersten Prioritäten, denn sie ist die Grundlage für die Zukunft unserer Gesellschaft. Mit der Einführung der Vorschule sorgen wir dafür, dass alle Kinder von Anfang an die besten Möglichkeiten bekommen. Gleichzeitig setzen wir auf ein durchlässiges Bildungssystem, das jede und jeden individuell fördert. Um die Qualität an unseren Schulen zu verbessern, verbeamten wir jetzt mehr Lehrerinnen und Lehrer und treiben den dringend benötigten Schulbau trotz knapper Haushaltsmittel konsequent voran. Auch im frühkindlichen Bereich bleiben Kitas weiterhin kostenlos. Kinder aus sozial schwächeren Familien haben wir dabei besonders im Blick, wir lassen kein Kind zurück. Um langfristig den Lehrermangel zu beheben, schaffen wir mehr Studienplätze für angehende Lehrkräfte. Und Jugendlichen, die bislang keine Perspektive hatten, geben wir mit einem zusätzlichen 11. Schuljahr die Chance, doch noch ihren Weg zu finden.

mein/4: Zum Abschluss: Was gibt Ihnen persönlich in diesen herausfordernden Zeiten Hoffnung, und welche Botschaft möchten Sie den Berlinerinnen und Berlinern mit auf den Weg geben?

Kai Wegner: Was mir in diesen Zeiten Hoffnung gibt, ist der Zusammenhalt, den ich jeden Tag sehe. Wenn ich erlebe, wie sich Menschen ehrenamtlich engagieren, wie Nachbarn einander helfen und wie Initiativen gemeinsam für ein besseres Berlin arbeiten, dann zeigt das: Unsere Stadt hat eine unglaubliche Stärke. Dieser Zusammenhalt ist das Fundament, auf dem wir aufbauen können.

mein/4: Vielen Dank für das Gespräch.

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