Chin Meyer Kolumne

Warum wir das Theater nicht mehr verlassen (sollten)

Eine Kolumne von Chin Meyer

Im antiken Griechenland war es Pflicht, Theatervorstellungen zu besuchen, weil dort in Ermangelung des Internets dem Volk die gegenwärtige Politik erklärt wurde. Wer nicht kommen wollte, dem drohten Soldaten ermutigende Schläge an. Die Demokratie dort hielt viele Jahrhunderte.

Die deutsche Demokratie zeigt schon bei der ersten Pandemie leichte Ermüdungserscheinungen – was vielleicht auch mit ihrer Einstellung zum Theater zu tun hat. Oder der Einstellung des Theaters, um genau zu sein. „To be or not to be” heißt es bei Shakespeare, und für viele Theater ist das jetzt eine ganz reale Frage. Da haben sie nun, wie auch die Gastronomie, in Hygienemaßnahmen investiert, Belüftungskonzepte erklügelt, Plätze reduziert – vor dem nächsten Lockdown hat es sie nicht bewahrt.

Dabei gibt es keine klar nachgewiesenen Infektionen im Theater. Das Publikum ist dermaßen maskendiszipliniert, dass die Berliner S-Bahn neidische Weinkrämpfe kriegen könnte. Einem Großversuchskonzert mit Tim Bendzko und mehr als 1.000 Teilnehmenden zufolge sind Großveranstaltungen mit Hygienekonzept sicherer als Großhochzeiten – oder häusliche Partys.

Da fast alle Infektionen zurzeit im „häuslichen Umfeld“ stattfinden, muss man zum gegenteiligen Schluss der gegenwärtigen Politik kommen: Es gilt das „häusliche Umfeld“ tunlichst zu vermeiden!

Daher hier nun folgender revolutionärer Vorschlag: Alle gehen ins Theater! Und bleiben dort bis Neujahr – sie werden köstlich unterhalten, bleiben Corona-frei und müssen sich nicht um das nervige Weihnachten oder um infizierte Verwandte kümmern. Die Gastronomie bereitet für die zahlreichen Pausen leckere Speisen vor, die Coronagerecht eingenommen werden.

Die Menschen lachen gemeinsam, weinen gemeinsam, lassen sich berühren, ohne dabei in körperlichen Kontakt zu treten. Ein neuer Zusammenhalt entsteht, innergesellschaftliche Gräben werden überwunden – und das neue Jahr beginnt Corona-frei! ■

© Fotos: Pavol Putnoki

 

Leben im Plus – Kabarett, Geld und mehr

Gewohnt bissig-unterhaltsam und höchst aktuell nimmt Chin Meyer, Deutschlands bekanntester Finanzkabarettist, private und politische Verheißungen und Glücksversprechen ins Visier. Denn Chin Meyer ist sicher: wir wünschen uns alle eine ausgeprägte Komfortzone und ein „Leben im Plus“.

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