Foto: Christiane Kürschner

Bundesweit allein auf weiter Flur

Während Prenzlauer Berg sich von einem bunten, kreativen Kiez zu einem homogenen Stadtteil wandelte, änderte sich die Vorreiterstellung des Väterzentrums nicht. Es gibt einen großen Zuspruch für die Einrichtung, aber keinen Nachahmungseffekt. In ganz Deutschland findet sich nichts Vergleichbares, die Gründe sieht Schäfer vor allem in dem fehlenden Willen der Institutionen. „Für so etwas braucht man einen langen Atem“, so Schäfer, „und das braucht auch eine gewisse Haltung.“ Es gebe durchaus Institutionen, die Versuche in die Richtung unternehmen würden. Ihr Fehler sei jedoch, dass sie den Vätern eine bestimmte Richtung vorgeben möchten, wie sie als Vater zu agieren haben. Da würden die meisten Väter dicht machen. Vielmehr müsse man, so Schäfer, offen und neugierig sein. Bis die Väter das Angebot wahrnehmen, vergehe Zeit, die die Institutionen dem Projekt zumeist nicht geben. Anscheinend nicht aus Geldgründen, denn viel Geld koste so etwas gar nicht, so der Vater eines Sohnes. Neben einem Team aus vielen Helfern, die einzelne Projekte unterstützen, besteht das Väterzentrum aus zwei halben Stellen, die Schäfer und sein Mitgründer Marc Schulte ausfüllen. Beide sind nebenbei freiberuflich engagiert, reisen durch die Welt, um als Experten für die Arbeit mit Vätern zu sprechen und zu beraten.

Trennung trifft alle gleich

In die behagliche Stimmung kommt Matthias hinzu. Laut Schäfer einer der Prototypen der Prenzlberg-Väter, denn er arbeitet im IT-Bereich. Die Mietpreise in Prenzlauer Berg brächten es nun einmal mit sich, dass es hier kaum Väter gibt, die bodenständige Berufe wie etwa Handwerker oder LKW-Fahrer ausüben. „Die wohnen hier nicht“, so Schäfer. Er treffe hier vor allem auf Menschen aus dem IT-Bereich. In der Beratung treffe er dann aber auch auf die bodenständigen, die aus anderen Berliner Kiezen kommen, um sich fachliche Informationen zu holen. In der Beratung von Vätern zu Themen wie dem Arbeitsrecht, Unterhalt, Scheidung sowie dem Umgangs- und Sorgerecht liegt die Hauptarbeit des Väterzentrums, und die ist laut Schäfer „viel zu gut“ besucht; drei Rechtsanwälte stehen dafür zur Verfügung. „Die Väter wollen ihr Kind heute oftmals nicht mehr nur alle zwei Wochenenden bei sich haben und ansonsten nur bezahlen“, so Schäfer, „sie wollen eine lebendige Beziehung zu ihrem Kind und Teil des Alltags sein.“
In der Strategieberatung erhalten Väter Tipps, wie sie vor allem in der akuten Trennungsphase am besten vorgehen, um mit der Mutter im Gespräch zu bleiben und gemeinsam nach einem neuen Lebensund Wohnmodell zu suchen.

Ängste durch fehlende Vorbilder

Geht eine Beziehung zu Ende, ist das für junge Familien immer eine schwierige Situation, in die sich alle Beteiligten neu einfinden müssen. Für Matthias ist die Situation des Entwurzelten symptomatisch für Prenzlauer Berg. „Viele Eltern die hier leben, haben hier keine Familie“, so der junge Vater. Ihnen fehlten die Familienangehörigen, die ihnen ein Vorbild in Sachen Erziehung sein könnten.
„Das schürt die Ängste, irgendetwas falsch zu machen“, so Matthias. So lässt sich das Symptom der Helikopter-Eltern erklären, die als überfürsorgliche Eltern dargestellt werden. An diesem Vormittag ist von übersteigerter Fürsorglichkeit nichts zu bemerken, diese Prenzlberger Väter scheinen eine angenehme Sorte Papis zu sein. Schäfer wirft noch einmal die Kaffeemaschine an, es geht auf die Mittagszeit zu. Der Brei wird zubereitet, Windeln gewechselt und es hat noch nicht ein Kind geschrien.

Warum auch viel Aufregung um nichts?