30 Jahre Quatsch Comedy Club

Hermanns hält es für durchaus denkbar, das Quatsch-Konzept auf andere Städte mit mehr als 500.000 Einwohnenden auszuweiten: „Es muss nicht nur einen Comedyclub geben. Andere können das auch. Es ist halt mehr Arbeit, als man denkt. Deshalb gibt es auf unserem Level nicht so viel Konkurrenz. Aber wir machen das inzwischen ganz sanft: In Städten wie München spielen wir jede Woche, in Stuttgart einmal im Monat. In Mönchengladbach und Hamburg peilen wir gerade wieder eine Liveausweitung an. Für mich gibt es aber erst mal keinen Grund, warum es nicht in Frankfurt, Magdeburg oder Leipzig einen Club geben sollte.“

Möglichkeiten und Grenzen des Quatschs

Der Quatsch Comedy Club bringt dieselbe Mischung an jeden Ort. Auch wenn sich die Reaktionen von Stadt zu Stadt unterscheiden können, reden doch alle meistens über die gleichen Dinge: „Die Themen, die bei der Stand-up anstehen oder besprochen werden, ähneln sich global. Wir sind alle eng aneinander.“ Und so passt Comedy auch – oder gerade – in schwere, herausfordernde Zeiten. Vielleicht hat sie in diesen sogar Hochkonjunktur. Nach einem Tag voller schlechter Nachricht sehnt sich der Mensch nach einer Auszeit, nach Ablenkung, Entspannung und Unterhaltung. Hermanns hat das beobachtet und erkennt dieses Phänomen auch mit Blick in die Geschichte: „Wenn man in die späten 20er-Jahre schaut oder auch in die frühen 30er hatte Comedy durchaus Konjunktur. Die Leute wollten abends mal was anderes haben als belastende Nachrichten“. Das heißt nicht, dass anspruchsvolle Themen auf der Bühne ausgespart werden. Die Weltlage kommt auch im Alltag an, und davon erzählen die Comedians und Comediennes Geschichten: „Was macht es z. B. mit mir, wenn ich nur noch kalt dusche? Alles, was wirklich im Leben der Menschen ankommt, hat Potenzial für eine Stand-up-Nummer.“ Deshalb gibt es keinen stupiden Eskapismus, sondern es wird gefiltert. Dann mögen zwar ernste Themen der Aufhänger sein, dennoch steht im Vordergrund, sich zu entspannen und unterhalten zu lassen.

Grenzen sind Rassismus oder Homophobie – diese Themen haben auch in der Stand-up-
Comedy nichts zu suchen.

Wer ein großes Tabuthema auf der Bühne performen möchte, braucht einen sehr guten Gag. Grenzen sind Rassismus oder Homophobie – diese Themen haben auch in der Stand-up-Comedy nichts zu suchen. Kritisch sieht Hermanns zitierte Gags ohne Kontext, die dann negativ auf die Künstlerin oder den Künstler zurückfallen: „Es ist leicht, einen einzelnen Gag aus einer Zehn-Minuten-Nummer rauszunehmen. Dann liest du das und denkst: Wie kann man so etwas sagen? Kontext ist superwichtig“, appelliert Hermanns an das Mitdenken gerade in diesen Zeiten, wo so etwas ziemlich weit verbreitet ist.

Der Quatsch Comedy Club wirkt familiär, denn der Job verbindet. Alle in der Comedy Tätigen haben schon mal schreckliche Abende erlebt: „Comedy lässt sich nicht aus dem Labor züchten wie zum Teil Popstars. Comedian oder Comedienne werden eher diejenigen, die auf dem Schulhof beobachtend am Rand standen und nicht in der Mitte. Man kommt aus demselben Saft, man hat die dieselben Flops erlebt, dieselben Tourdebakel. Sänger können das mit Playback übertünchen, eine Schauspielerin spielt das Stück durch im Theater. Wenn bei uns nach einer Minute niemand lacht, wissen wir, dass wir ein Problem haben.“ Das erste katastrophale Opening wird Hermanns wohl nicht vergessen. Galagigs zählten in der Stand-up-Szene lange auch nicht gerade zu den Lieblingsveranstaltungen – diese Firmenabende, wo Comedians zwischen Buffet und den Weather Girls für Lacher sorgen sollen. „Du sollst dann raus in einen Saal, der dich nicht kennt oder nicht gebucht hat. Der Chef ist auch noch zu überzeugen. Alle gucken zu ihm, ob er lacht. Und wenn er nicht lacht, wird’s ein langer Abend“, fasst Hermanns seine Erfahrungen zusammen. Inzwischen ist aber bekannter, dass Comedy individuell auf den Anlass zugeschnitten werden kann. Das zu vermitteln und rüberzubringen, übernehmen die Moderatoren, was den Genuss auch bei Galaevents steigen lässt.

Starker Nachwuchs, aber das Publikum regelt den Markt

Es gibt unglaublich viele junge Talente und Interessierte, die in der Stand-up-Comedy Fuß fassen möchten. Doch der Markt regelt sich von selbst. Denn spätestens beim Talentabend wird deutlich, wer was kann und wer nicht, wer beim Publikum ankommt und wer nicht. Wer die Überzeugung auf der Bühne vertritt, der „Geilste“ zu sein, hat schon verloren. „Das ist leider oft die Männerfalle“, sagt Hermanns, „Frauen machen das weniger. Aber das Publikum möchte nichts wissen von mein Haus, mein Boot, mein Auto. Im Grunde muss man sich Stand-up wie ein intimes Gespräch mit dem Publikum vorstellen“, verdeutlicht er die Wirkung der eigenen Haltung auf der Bühne.

Live moderiert Hermanns heute nicht mehr, nur noch im Fernsehen, und er schaut über die Ideen: „Ich bin gern die Mutter des Ganzen. Und die Hot Shots mag ich sehr, weil mir die jungen Leute Impulse geben und das einfach Spaß macht. Es sind ja quasi meine Kinder. Aber mit fast 60 muss ich nicht mehr richtig ackern, das überlasse ich den jungen Kräften.“

30 Jahre Quatsch Comedy Club und 20 Jahre Berlin – eine stolze Leistung für ein Privattheater, das sich dem Humor verschrieben hat, und das in einer Stadt, der man oft den Humor abspricht; offensichtlich zu Unrecht.

Infobox

Quatsch Comedy Club Berlin in der Kleinen Revue im Friedrichstadt-Palast

Alle Infos unter:

www.quatsch-comedy-club.de