Kultur findet Draußenstadt

Seit der Corona-Pandemie ist der Stadtraum als Spiel- und Auftrittsfläche begehrter denn je, nicht zuletzt weil durch von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa ausgeschüttete Fördertöpfe, Projekte möglich gemacht werden, die der schwer gebeutelten Kultur- und Veranstaltungsszene Sichtbarkeit ermöglichen. Performances in Stadtparks, Konzerte auf Brachflächen, Lesungen auf Verkehrsinseln, Klanginstallationen in Tordurchfahrten, Raves auf Parkplätzen oder kulturelle Stadtführungen findet Ihr auf der Plattform draussenstadt.berlin,
die Informationen, Veranstaltungen und Angebote zu Open-Air-Erlebnissen, Stadtkultur und urbaner Praxis bündeln.

www.draussenstadt.berlin

Sommerfest im Kulturareal Ernst-Thälmann-Park
© Beate Hoeckner

Tänzerische Momente im Rheingauviertel

Annalisa Derossi © Marc Lippuner

Die Tänzerin Annalisa Derossi entwickelt Tanzperformances im Stadtraum, die sie mit historisch-literarischen Kiezführungen kombiniert. Im Oktober führen ihre Tanzgänge durch Wilmersdorf. Ausgehend vom Rüdesheimer Platz führt sie zusammen mit der Schauspielerin Xenia Wolfgramm eine kleine Gruppe durch das Rheingauviertel. Neben Informationen und Anekdoten werden immer wieder tänzerische Momente zu erleben sein, durch die das Publikum die Umgebung mit frischem Blick entdecken kann. Die Tanzaktionen greifen assoziativ die vermittelten Informationen oder die räumliche Umgebung auf: Das können die Skulpturen am Siegfriedbrunnen sein, der Eingang eines Fachwerkhauses oder Zahlenkolonnen zur „Schlange“, der denkmalgeschützten Autobahnüberbauung aus den 1970er-Jahren.

Tanzgänge in Wilmersdorf. 3., 9. und 10. Oktober 2021, jeweils 15 Uhr, Treffpunkt: U-Bhf. Rüdesheimer Platz beim Aufzug. Die Teilnehme ist kostenlos, eine Anmeldung per E-Mail notwendig.

www.tanzunterwegs.wordpress.com

Fotografische Hommage an inspirierende Künstlerinnen

Claudia Balsters und Hannah Goldstein zeigen in der Galerie im Tempelhof Museum Fotografien ihrer Serie Dear Käthe, in der sie sich mit dem Leben und Wirken von Künstlerinnen auseinander setzen, die sie selbst als inspirierend empfinden: von Käthe Kollwitz und Hannah Höch bis hin zu Louise Bourgeois, Claude Cahun und Ana Mendieta. Das Duo setzt seine aus Assoziationen entwickelten Bildkonzepte in aufwendig gestaltete Inszenierungen um, mit dem Ziel, die Idee der Anderen in die Gegenwart zu holen – als Dialog zwischen Künstlerinnen über die Zeit hinweg, als Unterhaltung auch über Frauen in der Kunst allgemein.

Dear Hannah (Höch) I (2019-2021)
© Claudia Balsters und Hannah Goldstein

Claudia Balsters & Hannah Goldstein: Dear Käthe. Bis 14. November 2021. Galerie im Tempelhof Museum. Eintritt frei.

www.hausamkleistpark.de

Fiktion als politische Zukunftsmaschine

Festivalgrafik © Christiane Patić / Christin Striegler

Von welcher Welt kann man erzählen, wenn man sich über Wahrscheinlichkeiten hinwegsetzt und die Schwerkraft der Unmöglichkeit überwindet? Mit zehn Uraufführungen, u.a. von Gintersdorfer/Klaßen, Gob Squad, Nele Stuhler und Cora Frost, lotet das 6. Monologfestival die Kraft der fantasievollen Spekulationen aus. Freut Euch auf „Zeug, das es nicht gibt, und erfundenen Scheiß mit Wissen kombiniert“ (Dietmar Dath), auf erheiternden Nonsens und messerscharfe Logik. Der fürs Festival komplett umgestaltete Saal des TD Berlin leuchtet im Widerschein des Weltalls und bietet neben den Performances Raum für Diskussion, Konzerte und lang ersehnte Geselligkeit: Denn in den Zwischenräumen der Monologe beginnt der Dialog.

Fantastische Zeiten. 6. Monologfestival.
21. bis 31. Oktober 2021. TD Berlin.

www.td.berlin

Gottbegnadete Nachkriegskarrieren

Im August 1944 hatten Adolf Hitler und Josef Goebbels 378 Künstlerinnen und Künstler auf eine „Liste der Gottbegnadeten“ gesetzt. Sie galten fortan als unabkömmlich und blieben von Front- und Arbeitseinsätzen verschont. Viele dieser renommierten Akteure des nationalsozialistischen Kunstbetriebs setzten ihre künstlerische Arbeit nach 1945 nahtlos fort. Das Deutsche Historische Museum nimmt im Pei-Bau die Nachkriegskarrieren von zwölf Malern und Bildhauern, darunter Arno Breker, Hermann Kaspar und Richard Scheibe, in den Blick, die Werke für den öffentlichen Raum produzierten, wichtige Aufträge von Staat, Wirtschaft und Kirche erhielten, an Kunstakademien lehrten, an Wettbewerben teilnahmen und in Ausstellungen vertreten waren. Ihre Standbilder, Reliefs und Gobelins auf Plätzen, an Fassaden und in Foyers prägen bis heute das Gesicht vieler Innenstädte. Ein umfangreiches Rahmenprogramm ergänzt die Sonderausstellung, zudem bietet eine interaktive Karte, die sukzessive erweitert wird, auf der Website die Möglichkeit, sich einen Überblick zu verschaffen, wo in Deutschland und Österreich Werke jener Künstler im öffentlichen Raum zu finden sind.

Aufstellung des Ehrenmals für die Opfer des 20. Juli 1944 von Richard Scheibe im Bendlerblock (1953)
© Liselotte Orgel-Köhne

Die Liste der „Gottbegnadeten“. Künstler des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik. Bis 5. Dezember 2021. Deutsches Historisches Museum.

www.dhm.de